Einstieg in den Digitaldruck: die Perspektive eines Verlegers

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Dieser Artikel wurde zuerst zur Begleitung eines Ricoh Americas Events für Verlage Ende 2013 veröffentlicht.

Mike Gallagher, Vice President, Penguin Books

Mike Gallagher, Vizepräsident, Penguin Books

Für einen erfolgreichen Druckvertrag im Bereich des Digitaldrucks müssen Buchverlage und Druckereien umfangreiche Informationen austauschen.

Angenommen, dass beide Beteiligten bei Null anfangen, sind die folgenden Faktoren zu beachten:

  • Verlage möchten Lagerhaltung/Kosten senken und ihre Umsätze steigern, indem Titel im Druck bleiben.
  • Druckereien möchten ihr Serviceangebot verbessern und neue, rentable Umsätze generieren, indem mehr seit langem verkaufte Titel weiterhin im Druck bleiben.
  • Buchverlage bestimmen den Umfang ihres geplanten Programms und stellen Druckereien Volumenanforderungen auf Wochen-, Monats- und Jahresbasis bereit – mit Zahlen basierend auf Formaten, Einheiten, Bestellungen, Druckauflagen, Bindungsstilen, Spezifikationen für 4-farbige Einbände, Finishing, Papiertypen, Kartonpaketen, Versandinformationen und elektronischen Systemen.
  • Mithilfe der Angaben des Verlags entscheiden Druckereien, welche Materialien zum Einsatz kommen:
    • Einzelblatt-, Toner-, Digital Web-, 1-Farb- oder 4-Farb-Druckwerke
    • Finishing-Optionen, In-Line- oder Near-Line-Bindung und Schneiden je nach Bedarf
  • Druckereien liefern einen Plan und Preis auf Basis eines Kostenmodells, das Ausstattungsoptionen, Personalkosten, Wartung, Verbrauchsmaterialien, Allgemeinkosten, Produktivität und Marge berechnet.

Verlage möchten Lagerhaltung/Kosten senken und ihre Umsätze steigern, indem Titel im Druck bleiben.

Vorgaben für Volumenanforderungen

Die Anforderungen für benötigte Volumen basieren auf verschiedenen Größen – beispielsweise darauf, ob es sich um vergriffene Titel handelt, die von Kunden bestellt werden, oder um Titel, die wieder in den Druck gehen sollten, deren jährliche Verkaufsrate jedoch zu niedrig ist, um die Kosten für den Offset-Druck zu rechtfertigen. Abhängig vom Volumen könnte ein Buchverlag ein Print-on-Demand-Modell (nur Druck bei Bedarf) oder ein Kleinbestands-Modell (automatische Nachbestellung) für diese Titel anfragen.

Die Größenordnungen für Marketingmaterialien, wie Leseexemplare und Kataloge können aus früheren Käufen ersehen werden. Hieraus lassen sich monatliche und jährliche Volumina errechnen, um so das Gesamtvolumen an Büchern und Seiten zu bestimmen. Der Trend geht in diesen

Beispielen in Richtung Digitaldruck, hauptsächlich aus dem Grund, dass die minimale Auflage für Offsetdruck bei 1.000 bis 2.000 Exemplaren liegt, abhängig von der Druckerei und der verwendeten Ausstattung. Durch den Druck von nur einer begrenzten Anzahl an Exemplaren und nur auf Bedarfsbasis spart ein Verlag viel Kapital.

Pauschalpreisfaktoren

Im Digitaldruck sind Pauschalpreise (Papier, Tinte, Druckwerke, Bindungen, Verpackung und Lieferung an das Lager des Verlags) gängig. Dieser Ansatz bietet einen einheitlichen Weg zur Anfrage von Preisen, jedoch müssen die der Druckerei bereitgestellten Daten hierfür genau sein. Pauschalpreise machen dem Verlag das Leben leichter, sie erfordern von der Druckerei allerdings eine genaue Kenntnis ihrer Preisstrukturen, bis hin zur Größe von Kartonpaketen, Häufigkeit von Sendungen und der Fähigkeit, optimale LKW-Ladungen zu planen. Die Standardisierung von Formaten, Papier und Kartons sind Schlüsselfaktoren, da sie die Produktivität verbessern und Kosten reduzieren.

Manchmal gilt der Preis pro Seite nur für Text und der Einband wird zusätzlich berechnet. Zusatzleistungen, wie beispielsweise Hardcover, Ringbindung, Einbandlaminierung, UV-Beschichtung, Vorbereitungskorrekturen, Direktversand und die Nutzung einer fünften Farbe, führen zu zusätzlichen Kosten, die beachtet werden müssen. Auch Personalkosten spielen hier eine Rolle, da ich beobachtet habe, dass die Kosten für Druckbetriebe mit nur einer Schicht meist hoch sind.

In den meisten Fällen bieten Druckereien eine Komplettlösung für 4-farbige Einbände, 1-farbigen und 4-farbigen Text, Bindung, Papier, Kartons, Vorbereitungsservices und Dateiarchivierung an. Verlage fordern unter Umständen von ihren Druckereien eine größere Materialvielfalt, mehr Bindungsoptionen, Einband-Finishes und Vertriebsmöglichkeiten – einige Betriebe verfügen jedoch eventuell nicht über alle Bindungsstile oder die richtigen digitalen Druckwerke für diese speziellen Anforderungen. Sollten Druckanbieter die Services nicht intern anbieten können, können sie auf Drittanbieter zurückgreifen, doch dies ist unüblich und in der Regel nicht kosteneffektiv.

Es gibt genügend Digitaldruckanbieter, aus denen Verlage den perfekten Partner in Sachen Produkt, Qualität, Preis und Service auswählen können.

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Erfolgreiche Verträge hängen nicht nur vom Preis ab

Der Preis pro Seite ist natürlich ein bedeutender Faktor, jedoch spielen auch andere Dinge, wie Standort, Qualität, Service, Erfahrung, elektronische Kommunikation, Kapazität und finanzielle Stabilität eine Rolle. Der Faktor Standort erklärt sich schlichtweg dadurch, dass er sich auf Lieferzeiten und -kosten auswirkt. Die Qualität variiert von Maschine zu Maschine. Vor einiger Zeit sagte man, dass Digitaldruck in puncto Langlebigkeit, Qualität und Preis durch Offset austauschbar sein muss. Diese Anforderung führte zu bedeutenden Veränderungen durch Papierlieferanten und wird auch von der vorhandenen Technik und Erfahrung der Druckerei beeinflusst, die in diesem Bereich an der Länge der Zeit gemessen werden kann. Service bedeutet, dass die Druckerei die richtigen Kapazitäten hat und den Materialfluss und die Anforderungen versteht, die nötig sind, um fertige Produkte ins Lager zu bringen.

Elektronische Kommunikation und Automatisierung sind das A und O. Monatliche digitale Druckaufträge unterscheiden sich stark von typischen Offset-Aufträgen. Zum Beispiel ist ein manueller Prozess bei 1.000 Aufträgen pro Monat und 50 bis 100 Büchern pro Auftrag unerschwinglich und ineffizient. Der gesamte Prozess muss automatisch stattfinden – das Inventarsystem erkennt den Meldebestand, sendet den Auftrag an den Buchdrucker, holt die Datei aus dem Archiv, platziert sie in der Warteschlange und schon geht es los. Sobald manuell eingegriffen werden muss, wird der Prozess zu langsam, zu teuer und zu fehleranfällig. Letztlich müssen auch Kundenaufträge eingebunden werden, damit sie direkt an den Drucker gesendet werden. Die elektronische Kommunikation erfordert vom Verlag und der Druckerei die Nutzung der erforderlichen Schnittstellen und eine engere Ausrichtung aneinander als jemals zuvor. Dies ist nicht nur eine Option!

Zum Beispiel ist ein manueller Prozess bei 1.000 Aufträgen pro Monat und 50 bis 100 Büchern pro Auftrag unerschwinglich und ineffizient. Der gesamte Prozess muss automatisch stattfinden.

Kapazität ist nicht nur das, was im Grunde vorhanden wäre, sondern das, was tatsächlich verfügbar ist. Eine Druckerei kann mir nicht helfen, wenn sie keine freien Kapazitäten mehr hat. Monatliche und jährliche Spitzenzeiten kann es auf beiden Seiten geben, daher ist ein Durchschnittsvolumen pro Monat nicht hilfreich. Bücher zu drucken ist nicht das gleiche wie Kontoauszüge zu drucken, bei denen in jeder Woche des Monats die gleiche Quantität gedruckt wird.

Finanzielle Stabilität ist wichtig, da sie Zeit braucht, um sich zu formen. Ein Druckvertrag mit einer Laufzeit von zwei oder drei Jahren ist besser als einer für ein Jahr. Wenn jedoch neue Technologie auf dem Markt Einzug hält, müssen Drucker bereit sein, aufzurüsten. Es gibt große Buchdrucker, die anfangen, Tintenstrahl-Technologie zu nutzen, um alle Quantitäten zwischen einem Exemplar und einer Million Exemplare drucken zu können. Tintenstrahl bietet zusätzlich die Option, manche oder alle Produkte zu individualisieren bzw. zu personalisieren.

Es gibt große Buchdrucker, die anfangen, Tintenstrahl-Technologie zu nutzen, um alle Quantitäten zwischen einem Exemplar und einer Million Exemplare drucken zu können.

Im Moment benötigen wir nicht viele individuelle Anpassungen, dies wird sich jedoch vielleicht in Zukunft ändern. Zum Beispiel könnten unsere Vertriebsmitarbeiter ihren Käufern Druckprodukte mit deren gedruckten Namen und einer persönlichen Botschaft übergeben.

Die Gespräche brauchen ihre Zeit

Bedenkt man alle Faktoren, die in einen Digitaldruckvertrag einfließen, empfehle ich, es langsam anzugehen. Es braucht Zeit, sich über alle Details zu verständigen. Mein Rat an Verlage und Druckereien ist, ehrlich und direkt zu sein und Informationen einschließlich langfristiger Marketingpläne miteinander zu teilen.

Ricoh möchte Ihnen unabhängige Meinungen von Branchenexperten bieten. Wir hoffen, dass die Ansichten unseres Gastredners für Sie interessant und anregend waren. Über Ihr Feedback würden wir uns sehr freuen.

Weitere Einblicke von Ricoh siehe:

http://www.ricoh.de/services-loesungen/production-printing/print-and-beyond/

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